kreuzbube findet zu sich selbst, 2

kreuzbude_smRückblende:

kreuzbube reist mit der Bahn – kreuzbube reist mit dem Rad – kreuzbube im östlichen Erzgebirge und in der Sächsischen Schweiz – kreuzbube in Tschechien – kreuzbube im Land der Tribute-, Show- und Revivalbands sowie der großen Frauentagsgala mit Wolfgang Lippert – kreuzbube an der Neiße und im Kloster – kreuzbube vor dem Großen Fastentuch – kreuzbube erneut Etappensieger – kreuzbube macht einen Sensationsfund – Das Große kreuzbubenquiz: In welcher Stadt ist er?

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rathausturmInglorious Basterds. Von diesem Rathausturm aus erschoss in Quentin Tarantinos Film Daniel Brühl als Schütze Fredrick Zoller eine groteske Anzahl amerikanischer Soldaten, die sich mausetot auf dem Markt stapelten. Die Stadt soll im Film eine italienische darstellen, kann aber noch mehr, denn ihre alte Brauerei diente für In 80 Tagen um die Welt auch schon als New Yorker Hafen.

Der Turm wurde im Mittelalter im Jahre 1372 erbaut und wegen eines Blitzeinschlags baute man den oberen Teil später einfach im Barockstil neu auf.  Und da gibt es Leute, die mir erzählen wollen, was an meinem Rad nicht periodengerecht sei.

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Am besten schlendert man nachts noch einmal durch die Kopfsteinpflastergassen, über die Plätze, die nun leer sind und mit Mittelalter-, Renaissance- und Barockambiente aufwarten. Etwas außerhalb der Altstadt wird es moderner, da finden sich dann auch ziemlich neue Häuser, nämlich welche aus der Gründerzeit.

4000 Baudenkmäler sind es, wie schon gesagt, und der Großteil davon ist in den vergangenen 20 Jahren saniert worden. Noch immer stößt man aber auf Gebäude, in deren Nähe seit Jahrzehnten niemand mit Kelle und Pinsel gelangt ist. 

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Und zumindest im Stadtkern fehlen die unsäglichen Schaufensterdekorationen und Reklameschilder der Boutiquen und Mobilfunkgeschäfte und Drogerien und Blumengeschäfte und Bäckereiketten, die für den landesweiten Einheitslook der Innenstädte verantwortlich sind.

Heiliges Grab

Heiliges Grab

Die Nachbildung des Heiligen Grabs in Jerusalem besucht man am Tage, nach 17:00 Uhr ist die Tür nämlich zu. Die Menschen des ausgehenden 15. Jahrhunderts haben nicht nur das Grab, sondern anhand der Berichte von Pilgerern kurzerhand die ganze Szenerie nachgebaut.

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Da gibt es den Ölberg mit dem Garten Gethsemane und den Kreuzweg, der sogar die gleiche Anzahl von Schritten lang ist wie das Original.

jesus bäckerei

Nikolaifriedhof

Nikolaifriedhof

Durchquert man den Nikolaifriedhof, dann kommt man zum Finstertor, einem ehemaligen Stadttor. Auf dessen stadtauswärtiger Seite wohnte früher -musste früher wohnen- der Scharfrichter. Dessen Dienste nahm man zwar gerne zum Köpfeabhacken in Anspruch, in der Stadt, inmitten der Bürger, wohnen durfte er aber nicht.

Finstertor

Finstertor

Tja, und wie es der Zufall so will, gibt es vier Kilometer außerhalb der Stadt einen Turm. Der steht auf einer 420 Meter hohen Erhebung, die markant und weithin zu sehen ist.

Landskrone

Der Berg heißt fast so wie das überall ausgeschenkte Bier, für das hier in der schönen Bahnhofshalle Werbung gemacht wird.

G_Bahnhof

In einem der ältesten noch produzierenden Industriedenkmäler Deutschlands reift das Bier 40 Tage lang in 18 Meter tiefen Kellern. Ich habe natürlich keine Ahnung, was es damit auf sich hat, aber ich kenne da einen Braumeister, dem das wohl etwas sagt. 

Der Berg mit dem Turm wird Schauplatz meines nächsten Triumphs bei der Unendlichen Rundfahrt. So bequem wie in Neugersdorf geht es diesmal nicht ab. Die Panoramastraße mit asphaltiertem Radweg führt  zunächst bis direkt bis an den Fuß des Berges, den man zuvor schon deutlich vor sich sieht. Um alle Zweifel am richtigen Weg auszuräumen, sind zudem eine Reihe von Hinweisschildern aufgestellt.

treppe_kroneDas Navi will da trotzdem nicht lang, sondern im Zick-Zack aus der Stadt heraus und um den Berg herum. Man muss es ihm nachsehen: Die direkte Verbindung nach oben führt über eine Treppe mit 178 Stufen und das überfordert das arme Ding. Nicht dagegen den kreuzbuben, der mal wieder das Rad schultert und einem Läufer nacheilt, der dort treppauf-treppab trainiert. Danach wird’s nicht leichter, sondern ordentlich steil. Kein einziges Schild weist auf den Turm hin und an ihm angelangt darf ich einer Handvoll Besuchern erläutern, was es mit Bismarcktürmen auf sich hat. Vorsorglich streue ich ein paar Nebensätze ein, wer Bismarck war. Der Etappensieg Nr. 18 ist mein und jetzt kann die Konkurrenz mal gucken, was sie macht. Den Winter über dürfte ich als Führender der Unendlichen Rundfahrt fest im Sattel sitzen.

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Bismarckturm in …

Grand Budapest Hotel. Die Stadt kann nicht nur Italien und New York. Das städtische Kaufhaus (das derzeit renoviert wird) diente als Kulisse für den sehenswerten Film, der in dem fiktiven Karpatenstaat Zubrowka angesiedelt ist und dessen Besetzungsliste mit einem Star nach dem anderen aufwartet: Tilda Swinton, Ralph Fiennes, F. Murray Abraham, Adrien Brody, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Harvey Keitel, Jude Law, Edward Norton, Owen Wilson, Bill Murray. Anschauen, wenn ihr ihn verpasst habt. Der Bill und ich, wir haben sogar im selben Imbiss Bratwurst mit scharfem Senf (300 Sorten bieten die an!) gegessen.

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Die Stadt liegt am Fluss und war früher eins. Heute gehört ein Teil zu Deutschland und ein Teil zu Polen, verbunden durch eine Brücke. Polen erkennt man leicht, es weist sofort ein Schild auf „billige Zigaretten“ hin.

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Der dritte Tag steht im Zeichen der Abreise und eines letzten, leckeren Brunchs im Frühstücksraum meines Hotels, in welchem sie vor ein paar Jahren bei der Sanierung unverhofft Wandgemälde von Lukas Cranach freigelegt haben. Es hat was, den Tag so zu beginnen, mit einem ausgiebigen Frühstück inmitten alten Gemäuers mit halb zerbröckelten und abgetragenen Gemälden.

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Eine im Vergleich zum Hinweg kürzere und etwas flachere, soll heißen wellige, Strecke bringt mich via Bautzen (mit dortiger Stadtrundfahrt) so in etwa 120 km zurück, wobei mich Gaga-Garmin zum Abschluss zwingt, noch über den 384 Meter hohen Triebenberg und anschließend über den 362 hohen Borsberg zu fahren. Steigungen fett im zweistelligen Bereich, runter geht’s die 18 % Gefälle über Pavé, na besten Dank! Und ich Depp mache das auch noch mit, statt lässig den Elberadweg entlang zu schwingen, was vielleicht eine Handvoll Kilometer länger gewesen wäre. Aber was soll ich mich ereifern, es waren schöne drei Tage und die enden im prächtig illuminierten Dresden, wo 50 mächtig alkoholisierte Dynamo-Fans mit mir in den Regionalexpress steigen…

Ende.

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12 Antworten zu kreuzbube findet zu sich selbst, 2

  1. prieditis schreibt:

    18 Türme!!! Wenn sich das mal nicht demoralisierend auf die Verfolger auswirkt ;o)

    • kreuzbube schreibt:

      Was sollte ich tun, nachdem das Verfolgerfeld zuletzt doch mächtig Druck gemacht hat? Da muss man eben, wie bei den Großen, jede Gelegenheit ausnutzen, wie zuletzt das Verletzungspech von Toni. Ich habe ja zudem das Glück, dass der Eisenschweinkader gleich zwei starke Fahrer im Team hat, die sich gegenseitig die Etappensiege streitig machen. Ich bin schon gespannt, ob dort irgendwann eine Stallorder ausgegeben wird. Es sind noch etwa 110 Etappen zu fahren, da kann noch viel passieren. Didi Thurau trug 1977 bei der Tour 15 Tage lang das Gelbe Trikot und wurde am Schluss doch „nur“ Fünfter.

  2. Anneke schreibt:

    Unser Herbergsvater brummte aus dem Hinterzimmer, nachdem er meine Bedenken über das Abstellen unserer Räder im Eingangsflur belauscht hatte:

    „Hier kommt nichts weg! Da haben schon wertvollere Räder gestanden als Ihre. Das kann ich behaupten ohne zu wissen was Sie für Räder haben!“

    Wertvoller als mein Rad? Das musster er genauer erklären und er erzählte dann über ein hochkarätiges Traditionsrennen das dort stattgefunden hat (…..noch stattfindet?)

    • kreuzbube schreibt:

      „Rund um die Landeskrone“ gibt es seit 80 Jahren und gibt es noch. Wie an anderen Orten auch sind aber die Zeiten vorbei, in denen es ein Elite-Rennen war. Stattdessen ist es jetzt eine Jedermann- und Mastersveranstaltung.

  3. kreuzbube schreibt:

    Fast hätte ich es vergessen, obwohl ich doch direkt durch Sebnitz hindurch gefahren bin. Beim Radrennen „Rund um Sebnitz“ ist 1963 der gerade 18 Jahre alt gewordene Eddy Merckx an den Start gegangen. Sechs Jahre, bevor er zum ersten Mal die Tour de France gewann, hatte er in Sebnitz allen anderen, darunter Täve Schur, Klaus Ampler und Manfred Weißleder, das Hinterrad gezeigt.

  4. kreuzbube schreibt:

    Stimmt. Du bist ja Critical Dirt gefahren. Ich frage mich gerade, was ich damals gemacht habe?

    So ist der Blick von oben. Die Panoramastraße ist mehr als deutlich zu erkennen. Im Grunde muss man von der Stadt kommend nur durch den Bahnhof durch und dann ist man bald schon auf der Allee.

    Den Bismarckturm sieht man von unten aber nicht. Um den herum sind in den zurückliegenden 100 Jahren die Bäume gewachsen. Außerdem steht oben eine Burg, die die Landeskrone dominiert.

  5. Anneke schreibt:

    Da schau, da waren sogar wir schon mal. 2011. Mit dem Rumpelrad. Den Turm habe ich damals nicht gesehen, dafür im Park getanzt mit 100 weitere Rumpelradfahrer 🙂

  6. twobeers schreibt:

    Darf ich endlich lösen? Oder muss ich erst Lagerbier erklären?

    • kreuzbube schreibt:

      Nur zu.

      Die haben übrigens behauptet, 40 Tage wäre länger als ein Bier normalerweise braucht. Mir kann man aber alles erzählen. 4 Tage, 400 Tage, ich würde das alles glauben. Beim Wein kaufen Liebhaber ja Flaschen, die sie erst in 25 Jahren zu öffnen gedenken.

      • twobeers schreibt:

        Moderne Großbrauereien brauchen unter 3 Wochen. Budwar hat mal mit 16 Wochen geworben. Aber 6-8 Wochen ist schon sehr schön für die östlichste Brauerei Deutschlands.

      • kreuzbube schreibt:

        Jetzt wird’s interessant. Sagt es denn etwas über die Qualität des Bieres aus, ob die Herstellung länger oder kürzer dauert? Oder hängt das nur davon ab, wie modern die Technik ist? Und welche Sorte Bier braucht am längsten?

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