Folge 32, Aus dem neuen Leben eines Taugenichts

Rebhuhn ließ neulich nach Betrachtung eines Videos sinngemäß die Frage in den Raum flattern, ob denn damit mit dem Guten Bubi nicht alles im Lot gewesen sei.

Nein, so kann man das nicht nennen. Was mit dem Rio beispielsweise nicht geht:

Dieser Vorgänger unseren Guten Bubis war ein absoluter Menschenfreund und mochte Kinder. Die konnten alles mit ihm machen.  Der Rüde war bestens sozialisiert, er wuchs mit Kind im eigenen Heim und Kindern andernorts auf und ward ihnen fortan wohlgesonnen. Der Gute Bubi hingegen: Das genaue Gegenteil. Im Tierheim bereits eine dieser nicht überprüfbaren Geschichten, wonach der Sohn des zeitweiligen früheren Besitzers den Rio immer mit einem Stock geschlagen habe.

Ob das stimmt, ist völlig unwichtig, von Belang waren alleine die Beobachtungen, die wir selbst anstellen konnten. Und die waren dergestalt, dass der Hund bei sich ihm nähernden Erwachsenen hektisch und aufgeregt wurde und sich dies bei Kindern noch steigerte – von den ihm entgegenstrebenden Rüden gar nicht zu reden.

Nun ermuntere ich niemanden, fremde Hund anzufassen. Aber wenn es dann im Alltag doch einmal passiert, sollte tunlichst nichts passieren. 

In Städten lebende Hunde werden im Alltag wieder und wieder der Erfahrung ausgesetzt, dass jede Distanz zu ihnen überschritten wird. Sie müssen damit umgehen, dass aus allen Richtungen Menschen an sie herantreten, stolpern, torkeln, hinfallen; dass Taschen und Beutel an ihnen entlang streifen und gegen sie hauen. Im Grunde ist es erstaunlich, wie gut die meisten Hunde damit zurecht kommen. Man versetze sich selbst in Situationen im Zug, im Flugzeug oder am Tisch in einem Lokal, wenn uns Mitmenschen plötzlich näher als bis auf Armeslänge auf die Pelle rücken, sich an uns drücken, uns anrempeln, mit dem Ellenbogen stoßen, anhauchen, anlallen. Das alles, während man versucht, mittels vorgehaltener Zeitung und hartnäckigen Ignorierens Abstand zu wahren.

Der letzte Stand meiner Schilderungen von Rio war der, dass der Hund sich mit etwas Umsicht im Alltag gut führen ließ und sich unter dieser Führung recht unauffällig verhielt. Nun, nach all der Vorarbeit, da sollte er für solche Situationen wie die oben geschilderten fit gemacht werden und er sollte die Nähe fremder Hunde zulassen. Die musste er nicht toll finden, aber der Kontakt sollte ohne größere Ausraster über die Bühne gehen.

Etliche Wochen nach dem Training am Longierkreis und der Übertragung der Geübten in den Alltag standen dem Rio die größten Zumutungen noch bevor. Es ging mal wieder darum, nicht nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ zu verfahren, sondern etwas auszuhalten und Selbsterfahrungen zu machen. Das war für einige Stunden erneut kein Kuschelprogramm, wie ich bereits vorweg nehmen kann.

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