Historica!

I’m rolling thunder, pouring rain
I’m coming on like a hurricane AC/DC Hells Bells
***

Und dann dröhnte Hells Bells von AC/DC über das Gelände der alten Trabrennbahn in Panitzsch und 250 Schwermetaller rollten los. Der Hallzig Express & friends bestritt die Historica. Wir haben den Willen, wir haben die Kraft. Rolling Thunder, nicht wahr, und so weiter.

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80 km später, mit heftigem Gegenwind statt Glockenschlägen und wuchtigen Riffs im Ohr, hatte der kreuzbube auf halber Strecke zwar zwar noch den Willen, an der Kraft hatten die den herannahenden Herbst ankündigenden Böen aber bereits ein wenig gezehrt. Leisnig, Mügeln und dann rauf auf den Collmberg, so lautete das Zwischenziel.

Am Fuße der Kopfsteinpflasterzufahrt zum Collm dann das Malheur: Der sich bis dahin ohnehin schon recht eigenwillige gebende rechte Kurbelarm hatte sich vollends gelöst, die Kettenblätter schwankten wie besoffen nach links und rechts und die Kette schabte sich bei jeder Umdrehung ein Scheibchen vom Umwerfer ab. Ich gebe es freimütig zu, auch ich habe meine Momente der Schwäche und drei Sekunden lang dachte ich tatsächlich, kurzerhand abzusteigen (ihr habt richtig gelesen: ab-zu-stei-gen!), hoch zu schieben und mich mit der Bitte um benötigtes Werkzeug herauszureden. Hab‘ ich natürlich nicht gemacht. Wo denkt ihr hin? Wie hätte das denn ausgesehen? Werkzeug gab’s oben natürlich, die Historica wurde ja vom perfekten Veranstalter durchgeführt.

historica_collmberg

Dann hieß es Platz nehmen, bei Sonnenschein, Salami, Käse und Rotwein. An alles war gedacht, wie auch an den Verpflegungspunkten unterwegs das Angebot vielseitig und reichhaltig war.  Noch nicht einmal zu einer meiner traditionellen Irrfahrten konnte ich dieses Mal ansetzen, so gut war die Beschilderung.

historica_collmberg

historica_verpflegung

trabrennbahn_panitzsch_turmSo schön es sich droben auf dem Collmberg auch saß, irgendwann hieß es „nach dem Spaß das Vergnügen“ und via Schildau und Trebsen rollten wir zurück Richtung Trabrennbahn. Die aus dem Hut zu zaubern war eine grandiose Idee. Morgens, als ich zu Hause losrollte, hatte ich mit etwa 50 Teilnehmern gerechnet und als ich dort einbog, waren es etwa 200 mehr, die sich auf dem Gelände eingefunden hatten. Mit ihrer Tribüne, dem Turm, dem weitläufigen Areal bot die alte Rennbahn den perfekten Rahmen für die mit unterschiedlichsten Rädern angetretenen Teilnehmer.

historica_1Denn auch das muss hervorgehoben werden, hier waren keine Verfechter einer reinen Lehre am Werk. Erlaubt war, was gefällt, und jeder war willkommen. Ob das Rad aus den 30ern stammte oder aus den 90ern, dafür gab es keine Vorgaben. Auch was da an Teilen verbaut wurde, war einem jeden selbst überlassen. (Clickpedalen waren auf der langen Strecke sehr präsent und auch Helme wurden vom Großteil der Fahrer getragen). Willkommen war zudem jeder, der sich mit seinem modernen Rennrad unter die Leute mischen wollte. Ausschlusskritierien waren ausgeschlossen.

Doch kehren wir noch einmal zurück auf die schön gewählte Strecke. Den auswärtigen Lesern sei einmal gezeigt, wie das mit der Autobelastung auf hiesigen Landstraßen aussieht, denn so war fast die gesamte Streckenführung gewählt:

autofrei

Für ein weiteres, freimütiges Geständnis ist Raum, denn ich bin ja, wie die vielen an mir vorbeiziehenden Pedaleure beweisen, kein Radsportler, sondern bewege mich nur ein wenig an der frischen Luft. Im rechten Knie jedenfalls zuckte es, so bei etwa Kilometer 110. Ein Krampf?! Ich war perplex. Wann hatte ich so etwas denn zuletzt? Lag es an der verdrehten Platte des ollen Schuhs, mit dem ich nicht mehr richtig ins Pedal kam? So ein Kreuzbubenkörper ist aber kundig und groß in der Disziplin der Selbstheilung. Da legt man einen kleinen Gang ein, da kurbelt man mit höherer Frequenz und ohne Druck. Da hat man nach zehn Kilometern den Krampf aus dem Bein herausgefahren. Da flutscht es wieder.

historica_2So rollten wir schließlich im lockeren Trab über die Ziellinie, wo ein guter Teil der schon Stunden zuvor wieder eingetroffenen Starter natürlich bereits im Aufbruch begriffen war. Die meisten dürften die 80 Kilometer-Runde gefahren sein und wahrscheinlich ist das auch die Entfernung, die einem solchen Anlass am besten gerecht wird. Man hat unterwegs mehr Zeit, man hat hinterher mehr Zeit. Man hat mehr Zeit zum Schauen, Reden, Essen, Trinken, Fotografieren. Entgegen unserer morgendlichen Planung habe ich selbst mich an diesen Vorsatz mal wieder nicht gehalten. Bei der ersten Streckenteilung ward er bereits über Bord geworfen. Das Übliche.

urkunde_2Ein paar Impressionen hat aber carodame, die mit ihrem schweren Fotorucksack unterwegs war, einfangen können. Ein Beitrag im Guter-Bubi-Blog ohne Bilder, da würde was fehlen. Deshalb gibt es unten eine kleine Diaschau. Apropos Guter Bubi, meine bürgerliche Identität kann ich wohl ablegen. Wie unlängst in Düsseldorf ist ohnehin der kreuzbube, ist der Gute Bubi gefragt, und so sehen mittlerweile sogar die Urkunden aus, die mir überreicht werden.

Dank gilt den beiden Organisatoren Oli und Ralf (in alphabetischer Reihenfolge) und den vielen anderen Helfern, die in Start und Ziel und auf der gesamten Strecke die perfekte Ausfahrt vorbereitet und durchgeführt haben. Das besondere Engagement und die Freude am Tun war bei allen Mitwirkenden nicht zu übersehen, sondern prägte die gesamte Atmosphäre an diesem Tag spürbar. Ein Gruß geht auch an Long Harry nebst Gattin, die uns bis zu späterer Stunde mit Speis und Trank versorgt haben. Ich muss das erwähnen, weil Long Harry an diesem Tag keinen einzigen Kilometer selbst gefahren ist. Das hat Seltenheitswert und ist ihm hoch anzurechnen. Es hat doch gar nicht weh getan, Frank?  Jetzt aber genug der Worte. Die Bilder:

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PS: Ich als eingefleischter Individualreisender war so angetan von allem, dass ich doch tatsächlich kurz überlegte… aber dann könnte ich meine bunten Trikots und Jacken ja nicht mehr ausfahren…
PPS: Hallzig = Halle-Leipzig

edit: Fotos satt beim Hallzig-Express. Und viele mehr werden schon angedroht… 😉

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6 Antworten zu Historica!

  1. kreuzbube schreibt:

    Nachtrag:
    Weil so viele fleißig in die Pedalen getreten haben, konnte der Hallzig Express als Veranstalter eine Spende von 1.275.- EUR an das Kinderhospiz Bärenherz übergeben.

    Bärenherz-Botschafter ist übrigens auch der dreifache Zeitfahrweltmeister Tony Martin.

  2. Helmut Niemeier schreibt:

    Guter Bericht und gute Bilder, Guter Bubi. Hoffe, es ist in Deinem Sinne, dass ich eines verwendet habe. Siehe http://forum.helmuts-fahrrad-seiten.de/viewtopic.php?t=7344 und Nachricht auf der Titelseite von heute http://www.helmuts-fahrrad-seiten.de/

    Gruß
    Helmut

  3. kreuzbube schreibt:

    Ich bin für alles offen. Zumindest der eine und der andere Crosser ist sogar aus diesem Jahrtausend. 😉 Halt, eins, nein zwei, der Rennräder auch, und das Reiserad. Aber für meine bescheidenen Fahrleistungen gibt es im Grunde kaum Argumente (außer: haben wollen), etwas Neueres zu kaufen, da ist der Gewinn marginal, wenn überhaupt vorhanden.

    Was man bei historischen Ausfahrten sieht, war früher auch mal modernes Glumpert, top of the pops. In ein paar Dekaden ist das, was Du heute fährst, dann vintage. Dann stehen sie da, 2048 und sagen, damals, 2013, das waren noch richtige Räder. So ist das doch bei allen Dingen.

    Aber so eine Sache wie gestern macht einfach Spaß, sowohl das Schauen, als auch das Fahren, das Dabeisein überhaupt. Das geht man mit einem Augenzwinkern und ohne großen Ernst an, dann passt’s.

  4. ich fahre seit 2004 Rennrad… ich liebe dieses moderne Glumpert 😉 Aber was Du da in der Diashow hast, das ist einfach zeitlos schön!!!

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